Das Berliner Testament ist bei (Ehe-)Paaren eine äußerst beliebte Form der letztwilligen Verfügung in Deutschland. Doch was versteht man eigentlich darunter? Und ist diese Testamentsform für Sie noch sinnvoll?
Grundmodell des Berliner Testaments
In seiner Grundkonstellation setzen sich die Ehegatten beim Berliner Testament in einem gemeinschaftlichen Testament oder notariellen Erbvertrag gegenseitig zu Erben ein und bestimmen für den zweiten Erbfall, also den Tod des Längerlebenden, Dritte (im klassischen Fall die gemeinsamen Kinder) zu Schlusserben, sog. Einheitsprinzip. Hauptantrieb ist dabei neben der finanziellen Absicherung des überlebenden Ehegatten die Gewissheit, dass die eigenen Kinder als Schlusserben bedacht werden und ihnen das Vermögen der Eltern im Ganzen zukommt.
Problemstellung
In dieser Reinform wird das Berliner Testament den Wünschen vieler künftiger Erblasser jedoch nicht mehr gerecht.
Vielfältigere Familienkonstellationen und die Entwicklung hin zur Vererbung immer größerer Vermögen – auch bedingt durch gestiegene Immobilienpreise – erfordern im Rahmen der erbrechtlichen Beratung individuelle Lösungen.
Neben der Möglichkeit der Vereinbarung eines Pflichtteilsverzichts von Kindern sollten auch steuerrechtliche Aspekte in den Blick genommen werden. Beim Wunsch, Erbschaftssteuer zu sparen, offenbart die Konstellation des Berliner Testaments ein Problem: Der Steuerfreibetrag für Kinder beträgt seit dem Jahr 2009 unverändert 400.000 Euro – und zwar pro Kind nach jedem Elternteil. Wenn nun für den ersten Erbfall der überlebende Ehegatte als Alleinerbe eingesetzt wird, gehen die Steuerfreibeträge der Kinder nach dem Erstversterbenden verloren. Nach dem zweiten Erbfall erben die Kinder dann das oftmals noch höhere, gesamte verbleibende Vermögen der Eltern, haben jedoch nur einen Steuerfreibetrag von je 400.000 Euro nach dem letztverstorbenen Elternteil. Leidtragende sind die Kinder als Schlusserben: Bei einem zu versteuernden Restvermögen (oberhalb der Freibeträge) von 100.000 Euro würden etwa schon 11.000 Euro Erbschaftssteuer anfallen.
Das sogenannte „Supervermächtnis“
Eine Lösungsmöglichkeit bietet das sogenannte „Supervermächtnis“: Um das Gesamtvermögen und damit auch die Steuerlast nach dem ersten und zweiten Erbfall zu mindern, kann der überlebende Ehegatte nach dem ersten Erbfall den Kindern bereits im Wege eines Vermächtnisses Vermögensgegenstände überlassen. Er bleibt dennoch Alleinerbe und damit Rechtsnachfolger des Erblassers. Bei diesem sogenannten „Supervermächtnis“ handelt es sich um eine Kombination aus Zweck-, Wahl-, und Verschaffungsvermächtnis im Sinne der §§ 2154, 2156, 2170 BGB. Der Erbe kann dabei das Vermächtnis frei bestimmen. Das bedeutet, der überlebende Ehegatte kann dabei die Bedingungen, die Höhe und in bestimmten Grenzen den Zeitpunkt einer Auszahlung an die Kinder frei wählen.
Die perfekte Lösung?
Das klingt zunächst nach einer perfekten Lösung, um das Problem der geringen Steuerfreibeträge zu umgehen. Doch genau hier liegt bereits der erste Stolperstein: In steuerrechtlicher Hinsicht darf bei dieser Konstruktion das Umgehungsverbot in § 42 der Abgabenordnung nicht vergessen werden. Zudem stellt die Rechtsprechung besondere Anforderungen an die genaue Formulierung eines solchen Supervermächtnisses im Testament oder Erbvertrag. So muss zum Beispiel der Zweck des Vermächtnisses genau bezeichnet werden.
Um eine rechtssichere Regelung zu treffen, die im Fall der Fälle auch einer gerichtlichen Überprüfung standhält, ist eine vorherige notarielle Beratung unerlässlich.